Die sogenannten Experten

Es ist immer wieder verblüffend, wie anpassungsfähig der Mensch aufgrund seines großen Gefühlspotenzials ist. Einmal erlernte Dinge können zur banalsten Selbstverständlichkeit werden, ohne dass sie noch einmal hinterfragt werden müssten. So scheint es auch bei Personen zu sein, die wegen ihrer Ausbildung und ihres Berufs wie selbstverständlich als Experten bezeichnet werden. Wenn es um das Thema menschliche Destruktivität geht, fühlen sich viele dieser Experten dazu berufen, etwas zu diesem Thema beizusteuern. Aber was haben sie konkret beizusteuern, das sie als Experten ausweisen würde? Am Beispiel der Eltern, die ihre Kinder töten und an den Beispielen der Amokläufe in Emsdetten und in Winnenden, habe ich meine Gedanken und Erkenntnisse bereits teilweise dargelegt.

 

Überraschender Weise bringen mehr Mütter ihre Kinder um als Väter. In Wirklichkeit ist das gar keine Überraschung. Denn in ihrem Kind finden vele Mütter jemanden, der noch viek weniger Macht besitzt als sie selbst. Bei der Strafverfolgung fällt auf, dass bei Müttern mehr nach Gründen für deren Tötungshandlungen an den eigenen Kindern gesucht wird als bei Vätern. Das mag an den unterschiedlichen geschlechtsspezifischen Sozialisationsbedingungen der beteiligten Gutachter und Juristen liegen, auf die ich allerdings hier nicht näher eingehen möchte. Wichtiger erscheinen mir die von den sogenannten Experten aufgelisteten „Begründungen“, warum eine Mutter ihr Kind tötet. Hierzu möchte ich anmerken, dass ich den Begriff Kindestötung keinesfalls im juristischen Sinne verstehe, sondern ganz im herkömmlichen. Mir geht es vor allem darum, das Problem der wissenschaftlichen Lehre und Praxis darzustellen.

 

Als „Laie“ erwartet man eigentlich, dass die sogenannten Experten aus der Wissenschaft Aufklärungsarbeit darüber leisten würden, warum ihre jeweiligen Forschungsobjekte so sind, wie sie sind. Doch scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Es geht ihnen meistens gar nicht um das Warum. Stattdessen betiteln sie in einem „A-Priori-Akt“ die Forschungsobjekte mit frei erfundenen Definitionen, denen sie detaillierte 

Beschreibungen zuordnen und anschließend eine korrespondierende Kasuistik zugrundelegen. Die Kasuistik bezieht sich dann wieder auf die detaillierten Beschreibungen der Definitionen, womit die vermeintlichen Erklärungen sich im Kreis drehen. Im Folgenden mag dazu die Arbeit einer Professorin, die sich mit den Gründen von Kindestötungen beschäftigt, als Beispiel für meine Überlegungen dienen:

 

Die Professorin vom Universitätsklinikum Bonn betitelt die „verschiedenen psychopathologischen bzw. psychosozialen Konstellationen“, die bei Infantiziden wirksam seien, mit schillernden Namen wie „Erweiterter Suizid“, „Tötung des eigenen Kindes unter dem Einfluss produktiv-psychotischer Symptomatik“, „Tod des Kindes infolge von Kindesmisshandlung“, „Überforderungssyndrom“, „Neonatizid“, „Altruistische Tötung“, „Tötung aus Rache“, „Tötung der eigenen Tochter wegen des Geschlechts“. Schon im Einleitungsabsatz ihrer Abhandlung verdeutlicht die Professorin, dass es ihr weniger um die Aufdeckung von Ursachen geht, sondern vielmehr um die bloße Beschreibung der „zugrundeliegenden motivationalen Konstellationen und evtl. vorhandenen psychischen Störungen“. Sie beschränkt ihre Abhandlung auf die bloße Beschreibung des psychischen Zustandes der Mutter, die ihr Kind tötet. So sagt die Professorin, von der man eigentlich das Wissen über die Ursachen von Kindestötungen erwarten würde, bezogen auf den „Neonatizid“, die werdende Mutter leugne zunächst ihre Schwangerschaft und töte „möglicherweise“ dann bei der „überraschenden“ Geburt „im Sinne einer Stress- und Panikaktion“ ihr neugeborenes Kind. Was für einen Sinn macht diese Aussage? Als Erstes fällt auf, dass die Professorin sagt, die Mutter töte möglicherweise ihr Kind. Der Zusatz des Adverbs möglicherweise lässt eigentlich nur den Schluss zu, dass sie ihrer eigenen Begründung nicht traut und deswegen deren Konsequenz, nämlich die Tötung des Kindes, im Ungewissen lässt. Als Zweites fällt auf, wie sie ausschließlich den psychischen Zustand der Mutter bei der Tötung ihres Kindes beschreibt. Sie nennt hierfür eine Stress- und Paniksituation, die aber im selben Atemzug von den Worten „im Sinne“ begeleitet werden. Auch mit diesem Zusatz demonstriert die Professorin alles andere als eine überzeugende Argumentation. Vor allen Dingen sind ihre Argumente keine Erklärung dafür, wieso eine Mutter ausgerechnet in einer Stress- und Paniksituation ihr Kind tötet. Dass aber genau das die zu klärende wichtige Frage ist, deren Klärung durch sie als Professorin von jedermann erwartet wird, darauf scheint sie gar nicht zu kommen. Stattdessen konzentriert Sie ihre ganze Energie darauf, lediglich den psychischen Zustand der Mutter zu beschreiben, die ihr Kind tötet. Warum aber die Mutter genau dies tut, kümmert sie einfach nicht. Insofern offenbart sie ihr Unvermögen, die Ursachen für die Tötung von Kindern durch deren Mütter zu erklären. Sie tut es offenbar deswegen nicht, weil sie es einfach nicht kann. Sie kann es im Grunde bei keiner der von ihr genannten „Konstellationen des Infantizids“:

 

Beim „erweiterten Suizid“ sei die Mutter wegen ihrer „ausweglos erscheinenden Situation im Rahmen einer schweren Depression oder einer psychotischen Symptomatik zum Suizid entschlossen“, wobei sie „ihr Kind in den Freitod“ mitnehme. Bei der „Tötung des eigenen Kindes unter dem Einfluss einer produktiv-psychotischen Symptomatik“ leide die Mutter an „imperativen akustischen Halluzinationen, Verfolgungsideen oder an dem sogenannten Doppelgängerphänomen“, die „im Einzelfall zur Tötung des Kindes“ führten. Der Tod des Kindes trete dann „als Folge einer Kindesmisshandlung oder Kindesvernachlässigung ein“ und sei „meist das Ergebnis eines langsamen und schleichenden Prozesses, wenn die meistens unreife, junge Mutter“ nicht in der Lage sei, „adäquate Problemlösungsstrategien zu entwickeln und sich aus dieser Situation zu befreien“. Wenn der Vater der misshandelnde Part sei, was in dieser Konstellation häufiger vorkomme, so sehe die Mutter dabei tatenlos zu, um ihren Mann nicht zu verlieren. Beim „Überforderungssyndrom“ handele es sich in der Regel um Täter, die „in einer chronischen Überforderung gefangen“ seien. Das könne im Einzelfall auch ohne vorherige Misshandlungen zu einer Akutsituation führen, in der es zu Übergriffen auf das Kind und im tragischen Einzelfall auch zu einem tödlichen Ende komme. Bei der „altruistischen Tötung“ könnten die Eltern „die schwere Erkrankung oder die dauerhafte schwere Behinderung ihres Kindes nicht ertragen im Wissen, dass sie selbst sehr krank seien und bald sterben“ könnten. Bei „der Tötung aus Rache“, auch „Medea“-Syndrom genannt, räche sich ein Elternteil an dem anderen, indem er das Kind töte. Und zuletzt nennt die Professorin „die Tötung der eigenen Tochter wegen des Geschlechts“. Das weibliche Kind werde als minderwertig angesehen. Dies komme aber im westlichen Kulturkreis nicht mehr vor.

 

Ich habe die Definitionen der Professorin absichtlich auf ihre Kernaussagen reduziert, damit die Vorgehensweise deutlich wird, wie sie die „motivationalen Konstellationen“ bei Müttern bzw. Eltern, die ihre Kinder töten, begreift. Unter keinen Umständen will sie die Ursachen sehen. So einfach kann es sich eine vermeintlich gut ausgebildete Professorin machen. Sie betitelt einen mentalen Zustand mit einem wissenschaftlichen Terminus. Sodann ordnet sie der Definition eine detaillierte Beschreibung, der sogenannten Definition, zu und legt ihr eine korrespondierende Kasuistik zugrunde, welche sich verblüffenderweise wiederum auf die detaillierte Beschreibung der Definition bezieht. Warum Menschen in der von ihr detailliert beschriebenen Form handeln, bleibt bei ihr völlig im Dunkeln. Und das nennt sie dann als Professorin mit voller Überzeugung wissenschaftliches Arbeiten. Ihre zu Eis gefrorene abstrakte Sprache belegt, wie wenig sie das grausame Schicksal der getöteten Kinder zu berühren scheint. Da fragt es sich, wofür wir uns teure Experten leisten, wenn sie uns nur mitteilen können, wie man Gewalt tautologisch umschreibt. Als ob wir Gewalttätigkeit und deren Auswirkungen nicht selbst wahrnehmen könnten. Bei so viel Hohlheit, die sich mit dem wissenschaftlichen Mäntelchen kleidet, kommt es nicht von ungefähr, dass viele Menschen nach tauglichen Antworten auf ihre unbeantworteten Fragen dürsten. Oder tun sie das möglicherweise gar nicht, weil sie diese Form der Desinformation für das Normalste der Welt halten?

 

Augenscheinlich sämtliche Experten, die zum Amoklauf in Emsdetten ihre Meinung zum Besten gaben, verwechseln Ursache mit Folge. Ein befragter Psychotherapeut führte z.B. aus: „Nur wer Gewalt als denkbaren Lösungsweg aus eigenen, inneren Konflikten erlebt hat, wird sich von medialen Vorbildern zur Nachahmung anleiten lassen.“ Diese kaum zu glaubende Erklärung aus scheinbar berufenem Munde belegt, wie massiv Wahrnehmungen und logische Schlussfolgerungen in einem Gedankenlabyrinth gefangen sind. Denn die angebliche Erklärung über die Entstehung von Gewalt besagt nichts anderes, dass die betroffene Person aus sich selbst heraus gewalttätig wird. Es seien die „eigenen, inneren Konflikte“, die den Täter zu den Gewalthandlungen treiben würden. Das Gedankenlabyrinth drückt sich beim besagten Psychotherapeuten darin aus, dass eine Folgeerscheinung als Ursache erklärt wird. Das wäre so , als wenn ich sagen würde: „Wenn ich böse bin, dann nur deswegen, weil ich erlebt habe, dass ‚böse sein’ ein denkbarer Lösungsweg meiner inneren Konflikte ist.“ Doch was bedeutet das Wort Lösungsweg in einer menschlichen Lebensgeschichte? Und welchen Bezug hat das Wort böse in diesem Zusammenhang? Das Adjektiv denkbar belässt erst einmal alles im Ungewissen. Da ich aber nichts im Ungewissen lassen möchte und die Ursachen von Gewalt klar und deutlich benennen will, versuche ich den schwachsinnigen Aussagen des Psychotherapeuten einen nachvollziehbaren Sinn zu geben. Der Schlüssel zum Verständnis liegt m.E. im Wort erleben. Und wann erlebt ein Kind das Böse eben nicht bloß als denkbaren, sondern als ganz konkreten Lösungsweg? Wenn es von seinen Eltern zu seinem Besten vernachlässigt oder geschlagen wird. Das Kind lernt anhand solcher Lösungswege, der Schwache wäre böse und der Starke gut. Es würde deshalb geschlagen, weil es böse wäre. Der gute Vater und die gute Mutter müssten es mit Gewalt zu einem ebenso guten Menschen erziehen. Demzufolge wären Vater und Mutter gut, weil sie vernachlässigen oder schlagen. Doch diesen grotesken Zusammenhang kann das Kind nicht durchschauen. Sein authentisches Gefühl, das sein genuines Wertungsvermögen ausmacht, müsste ihm in diesem Augenblick sagen: „Vater und Mutter sind deshalb böse, weil sie vernachlässigen oder schlagen.“ Doch die ausgesprochenen und unausgesprochenen Botschaften der Eltern, die das vernachlässigende oder gewalttätige Verhalten als erforderlich verbrämen, pervertieren das authentische Gefühl des Kindes, indem die elterlichen Misshandlungen bei ihm falsche Wertungen hervorrufen. Das Kind verliert dadurch seinen genuinen Wertungsmaßstab, der für die Wahrnehmung so wichtig ist. Irgendwann weiß es nicht mehr, was gut oder böse ist. Ihm wird es unmöglich, die groteske Wahrheit zu durchschauen: Seine Eltern erscheinen ihm als gut, obwohl sie vernachlässigen oder misshandeln. Es lernt mit solchen Erfahrungen das Gedankenlabyrinth zu verinnerlichen, wo jede Logik außer Kraft gesetzt ist. Plötzlich ist weiß schwarz und schwarz weiß. Später wendet das Kind als Erwachsener die erlernten Lektionen auf Schwächere, meistens auf die eigenen Kinder, an und verbreitet den gleichen Irrsinn. Man muss sich einmal bewusst vergegenwärtigen: In so einer Prägungsdynamik wird das Böse zum Guten. Das abhängige Kind übernimmt exakt die ins Gegenteil verdrehten Wertungsmaßstäbe seiner Eltern. In diesem Irrsinn befindet sich offenbar auch der oben erwähnte Psychotherapeut, der entsprechend seiner Ausbildung und sozialen Position den zu ihm passenden Schwächeren als sozialadäquates Ersatzobjekt findet: den Patienten. Daraus erklärt sich, dass er als Kind von seinen Eltern nicht geliebt worden sein kann, auch wenn er mit Sicherheit das Gegenteil behauptet. Jedoch offenbart sein verwirrter kognitiver Zustand sein wirkliches Kinderschicksal. Wie einst seine Eltern ihn als Kind zu seinem Besten quälten, quält er nun als Therapeut seine Patienten mit untauglichen Therapien, indem er ihre wirklichen Lebensgeschichten gar nicht wissen will und sich stadessen ausschließlich auf die Folgeerscheinungen beschränkt. Daher verwundert es nicht, dass er wenige Sätze später die üblichen Floskeln nachschiebt: Die Ursachen der Gewalt seien Lehrstellenmangel, Arbeitslosigkeit, schlechte Schulen und ein beinharter ökonomischer Wettbewerb. Er hat damit, ohne sich darüber bewusst zu sein, die gesellschaftlichen Folgeerscheinungen der verheerenden Erziehungspraxis benannt und spricht damit implizit die Eltern von jeder Verantwortung für die Verursachung von Gewalt frei.

 

Sebastian B., dem Amokläufer von Emsdetten, standen noch keine sozialadäquaten Ersatzobjekt wie eigene Kinder zur Verfügung. Darum waren alle Anderen seine Peiniger, nur eben seine Eltern nicht. Sein Hass breitete sich diffus auf seine Umwelt aus. Dagegen waren seine Eltern von seinem Hass völlig befreit. Die Presse, namentlich die renommierte FAZ, macht es sich in seinem Fall besonders einfach und zeichnet ein äußerst primitives Menschenbild. Da wird wie geistesabwesend davon gefaselt, es fehlten nur noch ein paar Zutaten zu dem mangelnden Selbstwertgefühl und dem Einzelgängerdasein wie beispielsweise Hänseleien, Einsamkeit, Zukunftsangst, um eine Explosion herbeizuführen, wie sie jetzt von Emsdetten aus die Republik erschütterteten. Der stern will seinen Lesern das vermeintlich Unerklärliche der Tat damit verkaufen, indem er zuerst von einem unauffälligen jungen Mann spricht, der von seinen Nachbarn als lieb und hilfsbereit beim Grillen bezeichnet werde und dann plötzlich in ein blindwütiges, zerstörerisches Monster mutiere. An dieser Stelle sei noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sebastian B. nur sich selbst umbrachte.

 

Auch der stern bemüht einen Psychotherapeuten, der allerdings den zuvor oben erwähnten locker in den Schatten stellt. Der vom stern interviewte Psychotherapeut sagt, es gebe Hinweise, dass „genetische Grundlagen“ für die Aggression verantwortlich seien. Amokläufer würden an einer „gestörten Persönlichkeitsentwicklung“ leiden und „einfach kein Ventil für ihre enorme Aggression finden“. Eine viel größere Rolle spiele jedoch die Entwicklung in der Kindheit. Das Umfeld der Täter sei streng und autoritär, in dem Aggressionen strikt unterbunden würden. Wie solle dann ein Jugendlicher mit Aggressionen umgehen können? Nahezu jeder Jugendliche mache irgendwann die Erfahrung, dass er am Sinn des Lebens zweifele. Wenn dann eine Krise dazukomme, komme das Ganze zur Explosion. Wie selbstverständlich klammert dieser „Experte“ die gewalttätigen Übergriffe der Eltern einfach aus. Er bezeichnet die Eltern als „Umfeld“ und lokalisiert die Aggressionen allein beim Kind, ohne dabei die wichtige Frage zu stellen, warum das Kind überhaupt aggressiv wird Er nimmt nicht wahr, in was für einer ohnmächtigen Rolle sich das Kind gegenüber seinen allmächtigen Eltern befindet. Das Kind darf auf keinen Fall seine reaktive Wut (Aggression) gegenüber seinen Eltern ausdrücken. Falls es doch seine Wut ausdrücken würde, müsste es deren potenzierte Strafe fürchten. Das Ventil für die enorme Aggression, das es angeblich nicht finden würde, wie der Psychotherapeut behauptet, findet es in Wirklichkeit bei Sündenböcken wie z.B. schwächeren Kindern oder bei sich selbst. Bei derlei manifestem Gedankenlabyrinth fragt es sich, was die Leser aus solchen Informationen ziehen können. Die Leser können praktisch nichts aus diesen ziehen, sondern werden stattdessen völlig verwirrt. Man könnte diesbezüglich auch einen Idioten fragen, warum er gerade schreibe und von ihm die Antwort bekommen, weil er mit dem Kuli das Papier bearbeite. Die Wissenschaftler hätten für die Wörter, mit dem Kuli das Papier bearbeiten, einen Fachterminus erfunden, den nur die Eingeweihten verstehen könnten, damit die Banalität ihrer Aussage nicht sofort erkennbar ist. Das Warum aber hat weder beim Idioten noch bei den Wissenschaftlern irgendeine Bedeutung. Zum sehr beliebten Thema der Gene, das von den mental verwirrten Experten als Verursacher der menschlichen Destruktivität ausgemacht wird, empfehle ich die Lektüre von Joachim Bauer. Er fasst in seinen Büchern die neuesten Erkenntnisse der Genforschung zusammen.

 

Keiner der sogenannten Experten erkennt im Verhalten der Jugendlichen die Folgeerscheinungen aufgrund der verheerenden Erfahrungen, die Kinder in ihren Familien durchmachen müssen. Demütigung, Verwahrlosung, sexuelle Übergriffe und Gewalt sind in diesem Zusammenhang immer wieder ins Bewusstsein der erwachsenen Menschen zu bringen. Nur trauen sich die vermeintlichen Experten dies nicht zu sagen, weil sie in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit stark behindert sind. Diese Einschränkung entstammt aus ihrem Einfühlungsmangel, den sie ausgerechnet ihren Eltern zu verdanken haben. Die Experten wurden ganz offensichtlich in der eigenen Kindheit nicht ernst genommen. Mit ihren abstrakten, logisch inkohärenten Analysen geben sie vor, die Gründe von Gewalt zu verstehen. In Wirklichkeit demonstrieren sie nur ihr Unverständnis und ihre mentale Verwirrung. Sie haben nichts Aufdeckendes zu sagen und plappern bloß das nach, was zuvor schon unzählige andere Experten in anderen oder ähnlichen Worten sagten. Nach solchen „Analysen“ hat sich seit jeher nie etwas in unserer Gesellschaft oder beim einzelnen Menschen geändert. Die so genannten Experten klammern regelmäßig den Beginn des Lebens aus, der bekanntermaßen in der Familie bei Vater und Mutter stattfindet. Andere Forscher dagegen sind ihnen schon Lichtjahre voraus: Z.B. Katharina Braun, sie scheint nicht der Verwechslung von Ursache und Wirkung zu unterliegen. Sie hat in ihren Experimenten an Strauchratten eindeutig festgestellt, dass aufgrund von Verwahrlosung und Übergriffen durch das Muttertier während der Filialprägung beim Jungtier Hirnschädigungen entstehen, die antisoziales und destruktives Verhalten zur Folge haben. Alice Miller scheint in dieser Hinsicht wohl die erste gewesen zu sein, die die Ursachen von Gewalt schon vor fast dreißig Jahren auf empirische Weise beschrieben hat, ohne dass sie sich dabei auf die neuesten Ergebnisse der Hirnforscher hätte stützen können, weil es diese zur damaligen Zeit noch gar nicht gab.

 

Wie lange noch können wir uns der Verblödung hingeben und meinen, es sei bereits alles von den sogenannten Experten erklärt? Das authentische Gefühl ist der Schlüssel zum Leben. Lassen wir uns in Zukunft von den Schwachsinn predigenden Experten keine Märchen erzählen, haben sie doch bewiesen, dass sie alles andere als Experten sind.

 

© Michael Dressel 12/2006

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